Kreativagentur & Strategieberatung
[3,5 Min Lesezeit] Echte Reflexion ist mehr als der morgendliche Werber-Blick in den Spiegel, begleitet von einem traurigen Seufzer und dem geflüsterten Ausspruch „Was mache ich eigentlich mit meinem Leben?!“.
Wir finden: Reflexion ist das Geheimrezept für gesunde Teams. Also sowohl für uns als Einzelpersonen, die gemeinsam in einem Team agieren, als auch in der Organisation. In diesem Beitrag geht es darum, was uns das aktive Reflektieren bringt, wie wir es einsetzen bzw. ritualisieren und warum wir finden, dass Wissen über Reflexion im Team teilenswert ist.
Wenn wir statt „Reflexion“ über „aktives Reflektieren“ sprechen, wird deutlicher, was wir genau meinen: Das „Sich-bewusst-machen“ und kritische Hinterfragen bestehender Verhältnisse und Annahmen. „Aktiv“, weil Reflexion unbedingt von Kommunikation und Interaktion geprägt sein sollte. Natürlich kann ein Teil von Reflexionsprozessen still stattfinden – für uns liegt der größte Mehrwert jedoch stets im Diskurs. Konstruktiver, von Interaktion geprägter Diskurs in der Gruppe bricht auf, was die Eigenreflexion nicht bewältigen kann. Denn die Eigenreflexion misst immer – egal wie gut man diese Methode trainiert – mit gleichem Maßstab. Dem eigenen. Das Team tut dies nicht.
Man könnte jetzt vermuten, dass unser Hauptargument darin liegt, man würde sich durch die Ideen und Kritik anderer noch etwas optimieren; die eigenen Fehler ausmerzen, daraus lernen, nächstes Mal alles richtig machen.
Das ist Blödsinn.
Das Wissen um die Sichtweisen des Teams zeigt uns nur allzu oft das Gegenteil: 80 Prozent als Ergebnis reichen aus – Pareto-Prinzip. Denn meist liegt die Ursache stagnierender Weiterentwicklung darin, dass wir einfach viel zu hohe Ansprüche an uns selbst haben. Dieser Beitrag ist deshalb ein Aufruf an uns alle, sich mal lockerer zu machen.
Der wahre Trick ist die richtige Einstellung – ohne jede Esoterik: Weiterentwicklung ist nicht gleich Selbstoptimierung. Weiterentwicklung ist tiefgreifender, intensiver und wichtiger als so etwas banales wie nur vermiedene Fehler. Sie kann uns vielleicht zu besseren Menschen machen.
Doch es gibt wie immer ein paar Hürden. Die Voraussetzung für den Erfolg von aktivem Reflektieren: Das Team pflegt eine offene, ehrliche und vorbehaltlose Diskussions- und Vertrauenskultur. Vertrauen ist für wirkungsvolle Reflexion ein essentieller Faktor. Teams, die sich nicht vertrauen, sollten aus unserer Perspektive zunächst mit Grundlagen starten, bevor sie sich am „aktiven Reflektieren“ probieren.
Der einfache Grund: Ohne vorbehaltloses Grundvertrauen kann der schönste Diskurs die Erwartungen der Teilnehmenden niemals erfüllen. Wenn ich den Worten der Gegenüber kein Vertrauen schenke, nehme ich sie mir nicht zu Herzen oder vermute hinter ihnen vielleicht eine „versteckte Agenda“. Durch diese Skepsis wäre ich nachvollziehbar enttäuscht, fange deshalb an dem Tool und seiner Wirkfähigkeit zu misstrauen und nehme es infolgedessen nicht mehr ernst. Mein Zweifeln am Nutzen des Tools spüren die anderen im Team und die Spirale des Misstrauens setzt sich fort. Kurzum: Wenn ihr euch nicht vertraut, habt ihr ein größeres Problem als fehlende Reflexion.
Zur Reflexion, und somit auch zum Auf- und Ausbau von Vertrauen, nutzen wir bei FUTUR DREI gemeinsame Team- und Einzel-Feedbacktermine, kurze Blitzlichter, morgendliche Sync-Meetings, Check-Ins und Check-Outs sowie regelmäßige Retros. Dies sind alles Instrumente der rückwärtsgewandten Reflexion: Wir möchten mit ihnen das Geschehene beleuchten, uns weiterentwickeln sowie Gutes erhalten und ausbauen.
Wir nutzen außerdem gerne Elemente, die auf die Zukunft ausgerichtet sind. Auch diese sind Teil von aktiver Reflexion. Ein Beispiel: interne Workshops zum allgemeinen Business Development und zur (Weiter-)Entwicklung von Strategien, Produkten oder Formaten. Hierbei konzentrieren wir uns darauf, unsere Wünsche und Ansprüche in realistische und erreichbare Bahnen zu lenken. Dabei hinterfragen wir ständig die Sinnhaftigkeit und die Rahmenbedingungen – Reflexion in Anwendung sozusagen.
Wer sich nicht die Zeit nimmt, spürt später umso mehr ihr Fehlen. Wir nehmen uns ganz bewusst Raum für diese wichtigen Elemente unseres Team-Alltags und es ist – und da sind wir uns einig – eine der besten Eigenschaften, die wir bislang entwickelt haben. Aktive Reflexion ist für uns außerdem ein extrem starker Kontrast zum Alltag. Normalerweise hasten wir recht schnell von A nach C und zurück zu B, müssen spontane Herausforderungen bewältigen und ständig umdenken. Der Fokus auf eine Sache, die einen fordert und zugleich Freude bereitet, tut da richtig gut.
Da man es von unserer Branche gewohnt ist, oft sehr naheliegenden Dingen wie „Reflexion als Werkzeug“ unbedingt einen knackigen Namen geben zu müssen, haben wir das natürlich auch getan: Unseren Raum für Reflexionen nennen wir „FUTUR FREITAG“ und dieser FUTUR FREITAG“ ist nur für uns da – nicht für Kund:innen.
Nicht falsch verstehen: Das Ergebnis von aktivem Reflektieren muss auf keinen Fall Konsens sein. Im Gegenteil! Die Diversität von Sichtweisen, Wissen und Fähigkeiten ist viel wertvoller als Einheitsbrei. Für uns gilt: Vielfalt bedeutet, mehr gemeinsam haben zu können.
Wer also Reflexion als Brechstange zur unbedingten Konsenserzeugung ansieht, wäre auf dem Holzweg. Reflexion dient uns dazu, verschiedene Sichtweisen aufzubringen, einander zu inspirieren und auf diesem Weg vielleicht aus unterschiedlichen, bestehenden Sichtweisen gemeinsam – als Team – etwas völlig Neues zu entwickeln. Reflexion ist eine Verjüngungskur für den Kopf – und deshalb vielleicht auch für euch das Geheimrezept für gesunde Teams.
Noch mehr zum Thema Selbstreflexion erfahrt ihr im dazugehörigen Eintrag des New Work Glossar von Neue Narrative.
DATUM: 17.06.2021
AUTOR: JOCHEN HEIMANN, MITGRÜNDER UND GESCHÄFTSFÜHRER VON FUTUR III